Die
Oestricher Feuerwehr wurde am 21. Juni 1906 gegründet. 26 Mitglieder
trugen sich am Gründungstag in das Verzeichnis ein, Handwerksmeister,
Bauern, Beamte und Werktätige. Wenige Tage später erfolgten weitere
15 Neuaufnahmen. Nach einem Jahr hatte die Wehr bereits 72 aktive
und 16 passive Mitglieder. In den folgenden Jahren stellten die Feuerwehrmänner
nach entsprechenden Ausbildungen ihr Können, die Einsatzfreudigkeit
und Hilfsbereitschaft bei vielen Haus- und Waldbränden, bei Sturm-
und Wasserkatastrophen unter Beweis. In uneigennütziger Opferbereitschaft
versucht(e) jeder Aktive als erster Mann an der Unfallstelle zu sein.
Das ist in den Protokollaufzeichnungen zu entnehmen, ein beredtes
Bild von der intakten Oestricher Wehr.
Am 19. September 1931 konnte die Wehr im Saale des Oestricher Mitbürgers
Julius Holtschmitt das 25-jährige Jubiläum feiern. 19 Mitbegründer
konnten mit dem Ehrenzeichen der Preußischen Landesfeuerwehr ausgezeichnet
werden.
Im Jahre 1934 musste „regierungsamtlich“ eine Umgestaltung
aller Feuerwehren vorgenommen werden. Der damalige 1. Vorsitzende
Karl Krumme beschließt die letzte Tagung der Oestricher Wehr am 7.
März 1934 mit der Eintragung:
"Auf Grund des Gesetzes über das Feuerlöschwesen vom 15. Dezember
1933 wonach für jeden Ortspolizeibezirk nur eine Feuerwehr zu bilden
ist, sind die bestehenden Wehren aufzulösen. Mit dem heute gefassten
Auflösungsbeschluss hat unsere Feuerwehr aufgehört zu bestehen.“
Fast 28 Jahre hat sie ihre Dienst für das Allgemeinwohl uneigennützig
zur Verfügung gestellt. Möge der Geist unserer bisherigen Freiwilligen
Feuerwehr in dem neuzubildenden Löschzug Oestrich weiter fortleben
und in diesem Sinne mitwirken an dem Wiederaufbau des Deutschen Vaterlandes."
Trotz dieser Anordnung änderte sich nichts an der steten Einsatzbereitschaft
und Kameradschaft in den eigenen Reihen. Von einem Wechsel war nichts
zu merken. Auch der Übungsdienst vollzog sich in dem gewohnten Rahmen.
Der große und gute Gemeinschaftsgeist wurde erst nach außen hin beim
Ausbruch des zweiten Weltkrieges spürbar. Es wurde alles peinlichst
genau notiert, jeder Fliegeralarm. Nach den schriftlichen Unterlagen
wurde die Oestricher Wehr 1255 mal gruppenweise, meist aber allgemein
zum Bereitschaftsdienst ins Gerätehaus gerufen. Nach den Bombardierungen
in den Nachbarstädten rückte die Oestricher Wehr zur Hilfeleistung
aus und setzte sich ohne Rücksicht auf leib und Leben ein.
Für die Dorfchronik ist erwähnenswert, dass der letzte Oestricher
Fliegeralarm am 13. April 1945 um 23:00 Uhr gegeben wurde. Wegen der
inzwischen erfolgten Kapitulation brauchte der Alarm jedoch nicht
mehr ausgelöst werden.
Erwähnenswert und interessant ist, dass die Wehr im Jahr 1941 mit
einer Motorspritze ausgerüstet wurde. Damit hatte die alte, von Hand
gezogene Spritze aber noch nicht ausgedient.
In den Nachkriegsjahren ruhte man sich nicht aus. In theoretischen
Unterrichtsstunden und bei laufenden Übungen wurden die Feuerwehrmänner
geschult. Alljährlich - bis heute - fand eine große Abschlussübung
statt und eine unbekannte Alarmübung.
Groß war die Freude der Männer, als der damalige Bürgermeister Dietz
Noll am 8. Juni 1955 ein Löschgruppenfahrzeug LF 8 der Adam Opel
AG bergab. Wie wichtig diese moderne Ausrüstung für die Oestricher
Feuerwehr war, zeigte sich schon am 21. März 1956 bei dem Waldbrand
in dem gemeindeeigenen Oestricher Freiberg.
Ein markantes Bauwerk der Freiwilligen Feuerwehr war der Steigerturm
auf dem Schulplatz der ehemaligen Wittekindschule (Heute: Herbert-Nolte-Platz)
im Oestricher Dorfkern. Fast sechs Jahrzehnte wurde die Oestricher
Wehr an diesem Bauwerk ausgebildet. Oft wurde an diesem Bauwerk ein
schneidiges Hakenleiter-Exerzieren von beiden Seiten nach allen drei
Stockwerke ausgeführt. Im April des Jahres 1968 wurde dieses Bauwerk
abgebrochen. In den dreißiger Jahren wurden an dem Bauwerk auch in
Verbindung mit der befreundeten Sanitätskolonne Rettungsübungen vorgeführt.
Der älteren Bevölkerung im Ort ist heute noch bekannt, dass die Männer
im blauen Rock meist in den frühen Sonntag-Morgenstunden mit einem
Signalhorn zu den Übungen geweckt wurden. Im Laufschritt fand man
sich am alten Spritzenhaus ein. Die Sirene gab es erst später.
Um allen Ansprüchen der Hilfeleistungen gerecht zu werden, wurde die
Oestricher Löschgruppe im Jahre 1972 modernisiert, damit ging ein schon lang begehrter Wunsch der
Feuerwehr in Erfüllung. Der damalige Stadtdirektor Oskar Bögartz übergab
der Wehr im Auftrage der Stadt Letmathe ein großes Löschgruppenfahrzeug
LF 16 der Marke Magirus-Deutz. Das mit einem 1600 Liter fassenden
Tank und einer Pumpe ausgerüstete Löschgruppenfahrzeug, geländegängig
mit Allradantrieb, war für den weitverzweigten Einsatzbezirk der Oestricher
Löschgruppe notwendig geworden und eignete sich vortrefflich bei Waldbrandeinsätzen.
Zum Einsatzgebiet gehört auch die waldreiche Grürmannsheider Ortschaft.
Das mit einer Pumpe ausgerüstete Fahrzeug ist auch ohne Wasseranschluss
jederzeit einsatzbereit. Eine vollständige Einsatzgruppe kann in der
Kabine des Fahrzeuges mitbefördert werden und im Ernstfalle sofort
in Aktion treten. In den seitlich befindlichen Geräteräumen des modernen
Fahrzeugs sind die entsprechenden Schläuche und Armaturen zweckmäßig
untergebracht.
Mit dem LF 16 erhielt die Löschgruppe Oestrich gleichzeitig ihren
heutigen Standort: eine geräumige Halle zur Unterstellung des wertvollen
Fahrzeugs neben der Oestricher Turnhalle an der Kirchstrasse. Da in
der Feuerwehr – übrigens bis heute – alle handwerklichen
Berufe vertreten sind, konnte vieles in Selbsthilfe geschafft werden.
Im Keller der Turnhalle wurde in mehrmonatiger Arbeit zum großen Teil
in Selbsthilfe ein Schulungsraum hergerichtet und am 21. Februar 1976
eingeweiht. In dem freundlichem Raum wurde in den Folgejahren, bis
einschließlich heute viel Wissen vermittelt und die Kameradschaft
gepflegt.
Vom 11. bis 13. Juli 1981 wurde das Jubiläum der Oestricher Löschgruppe
anlässlich des 75-jährigen Bestehens in einem großen Festzelt neben
der Turnhalle mit einem großartigen Programm gefeiert. Es war ein
Fest der gesamten Dorfgemeinschaft und darüber hinaus.
In den folgenden Jahren waren die Männer im blauem Rock oft bei Bränden
und bei Wassernot im Einsatz. In vielen Unterrichtsstunden im Schulungsraum
und auf Lehrgängen, die bei der Iserlohner Berufsfeuerwehr durchgeführt
wurden, wurde die Wehr weiter aus- und fortgebildet. Die Feuerwehrfahrzeuge
wurden erstklassig instandgehalten.
Im Jahre 1987 war beabsichtigt, die 14 Löschgruppen des Stadtgebietes
Iserlohn auf 11 zusammenzustreichen. In der entscheidenden Hauptausschusssitzung
am 5. Mai 1987 nahmen 120 Angehörige der Freiwilligen Feuerwehr Iserlohn
teil. Die Bedeutung aller Löschzüge wurde in keiner Form angezweifelt.
Man lobte die vielseitigen Aufgaben der Wehrmänner und Wehrfreuen
und ihre ehrenamtlichen Einsätze. Damit war die Debatte beendet und
es blieb bei dem gewünschten Alten.
Im Jahr 1996 stellten sich strukturelle Veränderungen ein. Die bisherigen
Brandabschnitte wurden aufgelöst und in neue Löschzüge eingeteilt.
Mit dieser Maßnahme wollte die Feuerwehr Iserlohn die Eingliederung
der ehemals eigenständigen Feuerwehren der Gemeinden und Letmathes,
die mit der kommunalen Neuordnung unter die Leitung der Iserlohns
fielen, abschließen.
Auch bei der Technik gab es Veränderungen, bei der die Oestricher
Wehr mitbedacht wurde. Im Herbst 1999 wurde ein neu ausgeliefertes
Löschgruppenfahrzeug LF 8/6 der Daimler-Benz AG, sowie eine neuer
Mannschaftswagen übergeben, was das in die Jahre gekommene Löschgruppenfahrzeug
LF 16 und den Mannschaftstransportwagen MTW ablöste. Die Übergabe
und Einweihung des neuen Gerätes war mit einem großen Dorffest am
Oestricher Dorfplatz verbunden. Die neuen modernen Fahrzeuge sichern
bis heute eine optimale technische Einsatzbereitschaft der Freiwilligen
Feuerwehr Oestrich. Ständige Pflege und Wartung halten das Gerät auf
einem hohen Stand.
Mit großem Aufgebot beteiligt sich die Löschgruppe Oestrich bis heute
an allen Dorffestlichkeiten, wo sie unentbehrlich sind; z.B. bei dem
Aufstellen des Maibaumes am Oestricher Dorfplatz (Heute: Herbert-Nolte-Platz)
oder die seit 1988 nach 40-jähriger Pause wieder ins Leben gerufene
traditionelle Appetattenkirmess, bei der die Löschgruppe Oestrich
über Jahre das Programm im Festzelt gestaltete. Es waren Feste in
froher Geselligkeit, an dem sich viele Oestricher Vereine und die
gesamte Bevölkerung beteiligte: an jedem der vier Kirmesstage wurden
jedes mal über 4.000 Besucher gezählt, die Erinnerungen sind bis heute
unvergessen.
Seit der Umgestaltung des Kirmesprogramms vor wenigen Jahren, bei
der das Festzelt durch eine Open Air-Bühne ersetzt wurde, kümmert
sich die Löschgruppe Oestrich alljährlich um die Logistik und Bestückung
der Getränkewagen.
Aber auch bei Jubiläen und Veranstaltungen benachbarter Wehren sind
die Oestricher stets dabei.
Im Jubiläumsjahr 2006 kann die Feuerwehr Oestrich auf ihr 100-jähriges
Besten zurückblicken. Die gemeinsame Aufgabe im Dienste der Allgemeinheit
überwindet Stände und Klassen, die in unserer Löschgruppe vertreten
Sind. Unsere Pflichten gehen weit über das Soll im Alltag hinaus,
getreu dem Leitspruch:
"Gott
zur Ehr - dem Nächsten zur Wehr:
Einer für Alle - Alle für Einen!"
Ihre Freiwillige Feuerwehr,
Löschgruppe Oestrich
Quelle: Originaltext stammt aus der Festschrift
zum 85-jährigen Jubiläum der Freiwilligen Feuerwehr Löschgruppe Oestrich.
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